Der C64

Der folgende Artikel soll an die wunderbare Zeit der 8-Bit-Computer erinnern, eine Zeit, zu der "Computer" nicht automatisch "Windows-PC" bedeutete. In dieser sagenhaften Zeit, als das MByte noch nicht erfunden war, war der Umgang mit dem Computer etwas anders als heute. Die tapferen User kämpften sich durch endlose Listings, um ein paar Kniffe von anderen abzugucken, es wurde mit erbarmungsloser Härte um jedes einzelne Byte gerungen, Programme wurden so lange unnachgiebig optimiert, bis sie auch auf einem 1 MHz-Rechner ansprechend schnell liefen. Tragödien spielten sich ab, wenn eine Kassette mit wichtigen Daten störrisch nur ?LOAD ERROR von sich gab, und auch sonst war der Kampf mit dem Computer nicht immer leicht.

Warum sollte man sich dann also noch für diese Kisten interessieren? Ganz einfach: die Dinger sind Kult! Wer mal einen 8-Bitter gehabt hat, der weiß, wovon die Rede ist. Der Einfachheit halber, alle Atari und Apple-User mögen verzeihen, werfen wir unser Augenmerk ausschliesslich auf die Commodore-Artikel der 80er Jahre. Obwohl wir heute doch alle überzeugte Mac-User sind, lohnt sich ein kleiner Abstecher in die Welt des erfolgreichen Heimcomputers der 80er Jahre alleweil...

1982 wurde von Commodore der wohl erfolgreichste Heimcomputer aller Zeiten vorgestellt: der C64 (von Freaks liebevoll als "Brotkasten" bezeichnet). Weltweit wurde dieser Rechner über 10 Millionen mal verkauft (ca. 3 Millionen in Deutschland). Damit schlägt er sogar seinen erfolgreichen Vorgänger, den VC20. Gründe für den Erfolg des C64 gibt es reichlich, vor allem die zum damaligen Zeitpunkt herausragenden Fähigkeiten des Rechners dürften die Basis dafür gelegt haben. Mit seinen 64 KByte war der Brotkasten speichermäßig den meisten Mitbewerbern überlegen, die Custom Chips VIC (Grafik) und SID (Sound) taten ein Übriges, da sie neue Möglichkeiten erschlossen, die kaum ein Computer dieser Preisklasse vorher bot (außer vielleicht der Intimfeind Atari ;-)). Besonders der SID ist bemerkenswert, da er einen vollwertigen, dreistimmigen analogen Synthesizer darstellt, an dessen Klang kaum ein anderer Soundchip heranreicht. Der VIC ist aber auch nicht schlecht, neben den beiden vorgesehenen Grafikmodi (320 x 200 in 2 Farben und 160 x 200 in 4 Farben) bietet er vor allem acht sehr flexible, unabhängige und leicht zu steuernde Sprites, was für Spiele natürlich ein enormer Vorteil ist. Der Commodore 64 hat während seiner langen Lebensdauer einige Änderungen durchgemacht, was zu insgesamt mindestens sieben unterschiedlichen Versionen geführt hat.

Von 1982 bis 1986 wurde der C64 fast unverändert in seinem ursprünglichen Brotkasten-Design hergestellt, die Platine aller Rechner dieses Zeitraums ist praktisch identisch. Einzige Ausnahme sind die ersten Modelle, bei denen es einen Bug im Betriebssystem gab, der das korrekte Setzen des Farb-RAMs verhinderte. Dieser Fehler wurde von Commodore aber sehr schnell stillschweigend behoben. Ob man einen Rechner der ersten Serie mit dem Bug besitzt, kann man einfach durch POKE 1024,1 feststellen. Bei der fehlerbereinigten Version taucht in der linken oberen Bildschirmecke der Buchstabe A auf*.

Der "Aldi-C64"
Zwischendurch gab es noch den sogenannten "ALDI-C64" (den Namen hat er von der 64'er erhalten, weil er durch die ALDI-Kette vertrieben wurde). Eine nicht sehr erfreuliche Version, denn diesem C64 fehlen die 9V am Userport, weswegen etliche Erweiterungen nicht funktionieren. Erkennen kann man diesen ALDI-64er an der Gehäusefarbe, er hat ein beiges Gehäuse wie sein Vorgänger, aber eine helle Tastatur wie die Folgemodelle C und G. Dieser Rechner wurde zwar nur in Deutschland verkauft, trägt aber grundsätzlich die Aufschrift "Made in USA".

Commodore 64C (C64-II)
Im Mai 1986, als die Produktion des Ur-Brotkastens eingestellt wurde, brachte Commodore ein neues 64er-Modell auf den Markt: den C64C oder C64-II. Der Rechner wurde einem Facelifting unterworfen, sowohl innerlich als auch äußerlich. Das neue flache Gehäuse sollte dem C64 ein moderneres Outfit (analog zum C128) geben, machte aber den Einbau alter Erweiterungen wegen Platzmangels schwer bis unmöglich. Als absolutes Novum lag dem C64C ein neues diskettenorientiertes grafisches Betriebssystem namens GEOS bei.

Commodore 64G – Super Game System
1987 legte Commodore dann wieder eine neue Serie C64 im alten Brotkasten-Design auf, die als "Commodore 64 Game System" (C64G) mit einem Spielemodul und Joystick (dafür aber ohne GEOS) bis ca. 1990 verkauft wurde. Abgesehen von der helleren Farbe von Gehäuse und Tastatur waren diese Rechner äußerlich identisch zur ersten Serie, innerlich hatte sich aber einiges verändert. Die Platine wurde komplett überarbeitet und hatte von einigen wenigen Bauteilen (CIAs 6526, Char-ROM 901225) abgesehen nicht mehr viel mit dem Ur-64er gemein. Selbst der Prozessor 6510 wurde durch den vom C128 bekannten 8500 ersetzt. Die meisten Bauteile wurden wesentlich höher integriert (zwei RAM-Chips statt acht, Basic und Kernal in einem 16 KByte-ROM, integrierte MMU statt Multiplex-ICs zur Speicherverwaltung), was die Produktionskosten drastisch verringern half. Allerdings sorgten diese Änderungen auch dafür, daß viele interne Erweiterungen für die alten Modelle nicht einfach weiterverwendet werden konnten. Bei der Softwarekompatibilität sah es wiederum besser aus, sie lag bei fast 100%.

Neben der eigentlichen C64-Linie gab es auch noch zwei Sondermodelle:
Von 1983 bis 1986 wurde eine tragbare Version des C64 produziert, der SX64. In einem für damalige Verhältnisse sehr kleinen Gehäuse waren eine C64-Platine, ein Farbmonitor und ein Diskettenlaufwerk untergebracht. Es gab auch einen DX64, in dem zwei Laufwerke eingebaut waren.

Als kleines Kuriosum brachte Commodore in Großbritannien den C64GS (Game System) heraus, einen C64 ohne Tastatur und sonstige für Computer typische Teile. Dieses Modell war als reine Spielkonsole für den Modulbetrieb ausgelegt. Da dieser Rechner aber erwartungsgemäß floppte, wurde er sehr schnell wieder vom Markt genommen.

Und noch ein Kuriosum: Anläßlich des Jubiläums von 1.000.000 verkauften C64 in Deutschland wurde 1986 von Commodore noch eine besondere Serie goldener C64 aufgelegt. Die Serie war angeblich auf 150 Stück beschränkt (was aber nicht stimmt, da nachweislich höhere S/N existieren) und wurde nicht offiziell verkauft.

Der von Freaks lang erwartete Nachfolger des C64 (der C128 wurde in dieser Hinsicht kaum akzeptiert), der C65, kam leider wegen der Konkurrenz aus dem eigenen Hause (nämlich Amiga) überhaupt nie offiziell auf den Markt. Es wurden lediglich einige wenige vorhandene Exemplare 1993 abverkauft.

Marc Aebersold
Diese Texte entstammen der Homepage 8-Bit Nirvana